Wo stehst du im Prozess der Körperakzeptanz?
In diesem Text geht es um verschiedene Stadien oder verschiedene Meilensteine im Prozess der Körperakzeptanz.
Die Grundlage dafür ist ein Instagram Post von Teri Hofford vom 12. Mai 2025, in dem sie schreibt „body image is a spectrum“ und verschiedene Punkte auf diesem Spektrum darstellt.
Ihre Idee: Es hilft zu wissen, wo du gerade stehst, so dass der Prozess der Körperakzeptanz weniger einschüchternd und überfordernd wirkt.
Ich fand Ihre Ideen interessant und stelle sie dir hier vor - als ein gedankliches Modell, das versucht, einen komplexen Prozess herunterzubrechen und zu beschreiben.
Was mir wichtig ist:
Es geht nicht darum, dass alle ein bestimmtes Ziel erreichen müssen oder dass man etwas falsch macht, wenn man nicht die höchste Stufe erreicht.
Da wo du gerade in deinem Prozess stehst, bist du richtig.
Begriffe
Einige Begriffe aus Teri Hoffords Post sind ungewohnt in deutschsprachigen Diskussionen rund um das Thema Körperakzeptanz. Deswegen kurz zur Einordnung:
Sie nutzt den Begriff „Body image“, der in us-amerikanischen Kreisen häufiger genutzt wird, wenn es um Body Positivity / Fat Acceptance oder Ähnliches geht.
Hofford verwendet zum Beispiel die Bezeichnung „body image educator“, wenn es um ihre eigene Arbeit geht.
Im Deutschen ließe sich das mit „Körperbild“ übersetzen - mein Eindruck ist aber, dass dieses Wort hier etwas anders genutzt wird.
Aus meiner Sicht treffen es die Formulierungen „Beziehung zum eigenen Körper“ oder „Verhältnis zum eigenen Körper“ besser.
Hofford spricht außerdem vom „process of body joy“ - ich nutze stattdessen „Prozess der Körperakzeptanz“, da „Körperakzeptanz“ aus meiner Sicht der üblichere Begriff im deutschsprachigen Raum und in meiner Arbeit ist.
Die verschiedenen Stadien in der Beziehung zum eigenen Körper
Teri Hofford benennt sieben verschiedene Punkte auf dem Spektrum der Körperakzeptanz und beschreibt typische Denk- und Verhaltensmuster für jeden dieser Zustände.
Manches, was ich im Folgenden beschreibe, kommt direkt von ihr, manches habe ich selbst ergänzt.
Ablehnung des eigenen Körpers (Body rejection)
Dieser Zustand ist mit Gefühlen wie Scham und Ekel gegenüber dem eigenen Körper verbunden.
Typische Denk- und Verhaltensmuster:
„Ich hasse meinen Körper“
andere Körper werden beurteilt (bzw. verurteilt)
bestimmte Aktivitäten und bestimmte Kleidung werden vermieden - weil es dafür, vermeintlich, einen dünneren, fitteren Körper bräuchte
überzeugt sein von Ideen wie „dünn sein ist gut, dick sein ist schlecht“ (also das, was ich an anderer Stelle als die große dominierende Erzählung zu Gewicht und Körper bezeichnet habe)
Vermeiden des eigenen Körpers (Body avoidance)
Hier gibt es weniger starke negative Gefühle gegenüber dem eigenen Körper. Stattdessen werden Gefühle zum Körper eher unterdrückt (Teri Hofford beschriebt den Zustand als „emotionally numb“).
Typische Denk- und Verhaltensmuster:
„Ich versuche nicht, über meinen Körper nachzudenken“
Sich selbst im Spiegel anschauen wird vermieden
fotografiert werden und sich selbst auf Fotos sehen, wird als unangenehm erlebt
wenig Verbindung zu Bedürfnissen des eigenen Körpers
Tolerieren des eigenen Körpers (Body Tolerance)
Das Verhältnis zum eigenen Körper ist hier eher neutral, aber unsicher.
Typische Denk- und Verhaltensmuster:
„Mein Körper ist ok, glaube ich“
Es gibt weiterhin den Wunsch, dass der eigene Körper anders sein sollte - aber dieser Wunsch beherrscht nicht mehr das ganze Denken
Es gibt wenige Aktivitäten und Kleidung, die vermieden werden, aber: fotografiert zu werden oder sich auf Fotos sehen, fühlt sich immer noch unangenehm an
Akzeptanz des eigenen Körpers (Body Acceptance)
Typische Denk- und Verhaltensmuster:
„Das ist mein Körper und ich fühle mich ok mit meinem Körper“
wenn Unsicherheiten auftauchen in Bezug auf den eigenen Körper, dann können diese Raum bekommen ohne dass es in Selbstabwertung umschlägt
die richtige Kleidergröße wird akzeptiert und es wird Kleidung in dieser (größeren) Größe gekauft - statt in einer kleineren Wunschgröße, die aber gar nicht passt
Es gibt kein Vermeiden mehr von Aktivitäten und Kleidung aufgrund des eigenen Körpers
Respektieren des eigenen Körpers (Body respect)
Typische Denk- und Verhaltensmuster:
„Mein Körper verdient es, dass ich mich gut um ihn kümmere“
körperliche Bedürfnisse nach Ausruhen, Bewegung und Nahrung werden erkannt und ernst genommen
der Blick auf den eigenen Körper ist mitfühlend und freundlich
Wertschätzung des eigenen Körpers (Body appreciation)
Typische Denk- und Verhaltensmuster:
„Mein Körper leistet so viel für mich“
Es gibt ein Gefühl der Dankbarkeit dafür, was der eigene Körper leistet und ermöglicht
Bewegung und Sport werden nicht als Bestrafung oder als Weg zum „dünn sein“ gesehen - stattdessen werden Formen von Bewegung und Sport gewählt, die Spaß machen
Freude am Körper & Feiern des Körpers (Body joy & celebration)
Der eigene Körper fühlt sich wie ein Zuhause an.
Typische Denk- und Verhaltensmuster:
„Ich liebe es in diesem Körper zu sein“
es ist möglich, mit dem eigenen Körper Raum einzunehmen ohne sich schlecht zu fühlen
die Freude am eigenen Körper wird nach außen gezeigt, z.B. durch Kleidung, durch Bewegung oder Kunst
Und was bedeutet das jetzt für mich?
Ich finde die Gedanken und Begriffe von Teri Hofford interessant, weil sie es ermöglichen, über die Beziehung zum eigenen Körper nachzudenken.
Wenn ich davon ausgehend über mein Verhältnis zu meinem Körper nachdenke, fällt mir auf, dass ich oft in den Bereichen „Respektieren des eigenen Körpers“ und „Wertschätzung des eigenen Körpers“ bin.
In manchen Phasen ist es auch „nur“ Akzeptanz und dann gibt es einzelne Tage, wo ich eher im Bereich Toleranz bin. Ich schreibe „nur“, weil es in einer fettfeindlichen Welt schon so schwer ist, den eigenen Körper überhaupt „nur“ zu tolerieren oder zu akzeptieren.
In einzelnen Momenten, an einzelnen Tagen freue ich mich über meinen Körper und feiere ihn.
Ich hatte beim Lesen von Teri Hoffords Beitrag überlegt, ob es mein Ziel ist, mehr Zeit in diesem Stadium von Körperakzeptanz zu verbringen? Ich merke aber: Für mich ist es völlig in Ordnung, dass das „nur“ momente-/ tageweise aufblitzt.
Meine Beziehung zu meinem Körper - so wie sie jetzt ist - ermöglicht es mir, mein Leben so zu leben, wie ich es leben möchte. Das reicht mir.
Wenn du auch über deine Beziehung zu deinem Körper nachdenken möchtest:
Hier sind ein paar Fragen, die dabei hilfreich sein könnten:
Wo befinde ich mich gerade in diesem Prozess?
Bin ich zufrieden damit oder wäre ich gerne an einem anderen Punkt?
Wo war ich vor 5, 10, 15, 20 Jahren?
Falls sich meine Beziehung zum Körper verbessert hat:
Wie habe ich das geschafft?
Was hat mir dabei geholfen?
Wer hat mir dabei geholfen?
Falls sich die Beziehung zu meinem Körper eher verschlechtert hat:
Was brauche ich, um mich wieder wohler in meinem Körper zu fühlen?
Was wäre ein kleiner, machbarer Schritt, der mir helfen würde, die Beziehung zu meinem Körper zu verbessern?